Telekom-Personalvorstand Christian P. Illek über die Veränderung von Arbeit durch intelligente Maschinen und deren Einfluss auf die Unternehmenskultur.
Aus dem Nichts gestalten Menschen Neues. Kreativität, Phantasie und das Vorhandensein von Bewusstsein sind Merkmale des menschlichen Gehirns, über die Maschinen nicht verfügen. Dennoch: Der Einsatz von neuronalen Netzwerken in Maschinen wie AlphaGO zeigt die rasante Geschwindigkeit bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI). Die Erforschung und Entwicklung von KI ist eine beeindruckende menschliche Kulturleistung Intelligente Computer werden in den kommenden Jahren unser Leben besser machen: Sie diagnostizieren Krankheiten, sie empfehlen Therapien, sie schützen die Umwelt, sie unterstützen die Bildung und sie verändern unsere Arbeit. Schon heute gibt es mehr als 10 Millionen Roboter auf diesem Planeten. Im Jahr 2020, so die Prognosen, werden es Milliarden sein. Dann werden wir mehr intelligente Roboter auf der Erde haben, als Menschen.
Wie aber sieht zukünftig die Arbeit aus, wenn Rechner so intelligent sind, dass sie auf immer mehr Feldern mit den Menschen konkurrieren können bzw. überlegen sind?
Menschen werden durch Maschinen wohl in kaum einer Industrie vollständig ersetzt werden. Viel wahrscheinlicher ist, dass es ein Nebeneinander geben wird. Viele dieser klugen Maschinen werden wir an den Werkbänken in unseren Produktionsstätten und an den Schreibtischen in unseren Büros wiederfinden – als Kooperationspartner und Kollegen. Sie nehmen uns nicht nur Tätigkeiten ab, die entweder körperlich anstrengend oder stupide sind, sondern werden als sozialer Akteure Teil der Teams. Mensch-Maschine-Interaktion oder gar Mensch-Maschine-Symbiose, so wie in der Medizintechnik schon erkennbar, wird durch rapide Fortschritte bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz zum festen Bestandteil unseres Arbeitsalltags. Unternehmen, die diese Herausforderungen frühzeitig erkennen und meistern, werden sich mit neuen Geschäftsmodellen in den Märkten der Zukunft behaupten.
Damit stehen wir auch vor einem weiteren Wandel in der Unternehmenskultur: Teamarbeit von Mensch und Maschine wird immer mehr Teil des betrieblichen Wertschöpfungsprozesses. Betriebe müssen sich also auf die Zusammenarbeit zwischen Mensch und intelligenter Maschine vorbereiten. Ich spreche deshalb in der Analogie zum Schlagwort Arbeit 4.0 hier von Diversity 5.0 und Collaboration 5.0.
Neben Geschlecht, Alter, kultureller Herkunft und Nationalität werden wir es künftig noch mit der Dimension Maschine zu tun bekommen. Erste diverse Teams mit humanoiden Robotern sind in Japan bereits im Einsatz. Der Lebensmittelkonzern Nestle setzt dort landesweit Teams aus Robotern und Menschen als Kaffeemaschinenverkäufer ein. Die Roboter mit dem Namen „Pepper“, entwickelt vom japanischen Technologiekonzern Softbank, sprechen Kunden an und geben Produktinfos. Die menschlichen Kollegen erklären Funktionsweisen und kümmern sich um ausgefallene Fragen und Wünsche.
Intelligente Maschinen machen auch vor Führungsetagen nicht halt. Das Investmentunternehmen Deep Knowledge Ventures in Hongkong hat bereits 2014 einen Algorithmus zum sechsten Mitglied ihres Direktoriums ernannt. Er hat in dem Gremium eine gleichwertige Stimme. Wer weiß, vielleicht haben wir in 20 Jahren auch den ersten Roboter im Vorstand eines DAX-Unternehmens?
Bevor es soweit ist, müssen allerdings noch einige Hürden in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine aus dem Weg geräumt werden. Experimente des MIT in Boston haben gezeigt: Menschen trauen eher ihrem Bauchgefühl als Algorithmen, man spricht vom Phänomen des „Algorithm Avoidance“. Autofahrer kennen das: Wer hat nicht schon einmal seinem Navigationssystem widersprochen, weil er glaubt, dass er den besseren Weg kennt? Und es gibt noch ein spannendes Phänomen in der Psychologie: Die so genannten Bestätigungsfehler (Confirmation Bias). Aus menschlicher Sicht wiegen Fehler einer Maschine schwerer als Fehler eines Menschen. Nach dem Motto: Ich wusste doch, dass ich der Maschine nicht trauen kann.
Die Akzeptanz von Robotern hängt stark davon ab, ob sie uns ähneln, haben Wissenschaftler festgestellt. Übertragen auf Maschinen bedeutet das: Wenn die klugen Apparate mit Stimme, Körper, Namen ausgestattet sind, arbeiten Menschen bereitwilliger mit ihnen zusammen. Aber Achtung: Die Forschung zeigt auch, dass der ideale „Maschinenmensch“ zwar menschliche Eigenschaften hat, doch als Roboter erkennbar bleibt. Dann klappt es mit der Zusammenarbeit.
Intelligente Systeme, wie Watson von IBM oder AlphaGo von Google, können die Art und Weise verändern, wie Unternehmen künftig denken, handeln und arbeiten werden. Menschen müssen lernen mit klugen, humanoiden Robotern zusammenzuarbeiten. Wir können darüber diskutieren, wann und in welchem Umfang sie Teil unserer Arbeitswelt werden, aber nicht über das „Ob“. Der Roboter wird unser Kollege. Diese Entwicklung können wir in unserem Sinne gestalten. Denn eins ist klar: Der kluge Roboter arbeitet für uns, nicht wir für die Maschine. Die sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine muss sein: Der Mensch führt strategisch, die Maschine bringt taktischen Scharfsinn ein. Es liegt an uns, wie wir zukünftig diese Kooperation gestalten.
Quelle: Deutsche Telekom AG