Industrie 4.0: Wirtschaftsministerium fordert Investitionsschub
Potsdam – Um die vernetzte Produktion der Zukunft voranbringen zu können, muss Deutschland in den nächsten zehn Jahren allein 100 Milliarden Euro in den Ausbau des schnellen Internets investieren. Diese Zahl nannte Staatssekretär Matthias Machnig vom Bundeswirtschaftsministerium auf einer Konferenz des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) zur Industrie 4.0. Ein solcher Schub privater Investitionen in den Breitband-Netzausbau sei für die erfolgreiche Digitalisierung der Wirtschaft eine entscheidende Voraussetzung, sagte Machnig. Nach seinen Angaben verfügen bisher nur sieben Prozent der deutschen Nutzer über einen Anschluss ans besonders schnelle Glasfasernetz und nur ein Prozent mache davon tatsächlich Gebrauch.
Laut Machnig ist die deutsche Industrie mit ihrem Digitalisierungsgrad zwar weltweit führend, es handele sich aber oft lediglich um Insellösungen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen müssten auf dem Weg in das „Internet der Dinge und Dienste“ mitgenommen werden, forderten Machnig und der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke auf der Potsdamer Konferenz am HPI. „Wir brauchen Unterstützung aus Berlin und Brüssel beim Ausbau der Breitband-Netze“, forderte Woidke. Dies sei noch wichtiger „als erschlossene Gewerbegebiete mit vielen Straßenlampen“, so der Regierungschef. Er rief dazu auf, Betriebs- und Personalräten die Angst vor Arbeitsplatzverlusten zu nehmen, die mit der zunehmenden Digitalisierung verbunden sein könnten.
SAP-Entwicklungsvorstand Bernd Leukert erklärte auf der HPI-Konferenz, er erwarte eher eine Verlagerung von Arbeitsplätzen als einen Verlust. Allerdings müsse künftig jeder ein Mindestmaß an digitaler Kompetenz besitzen, da es kaum noch rein manuelle Arbeitsvorgänge geben werde. Reinhard Clemens, Vorstand der Deutschen Telekom, verwies darauf, dass Unternehmen die Fabrikation mittlerweile schon wieder aus Asien zurückverlagerten nach Europa. Das Beispiel Adidas mit der individualisierten Produktion von Sportschuhen mittels 3D-Druck zeige, dass personalisierte Produkte zu massenmarktähnlichen Preisen hergestellt werden könnten.
Was die Sicherheit im Internet der Dinge und Dienste anbetrifft, verwiesen mehrere Redner auf der Potsdamer Industrie 4.0-Konferenz darauf, dass ein autonom fahrendes Auto pro Stunde allen ein Terabyte an Daten erzeuge. Hier sei die Eigentumsfrage noch weitgehend ungeklärt. Bei Unfällen sei es zum Beispiel sinnvoll, wenn sich Fahrer, Hersteller und andere Beteiligte die Daten teilten. In anderen Fällen müssten diese aber privat bleiben bzw. vor der Auswertung anonymisiert werden, hieß es.
HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel kündigte einen kostenlosen Onlinekurs zur Industrie 4.0 an, den das Institut und die Akademie der Technikwissenschaften acatech zur Eröffnung der Hannover-Messe am 25. April starten werden. Anmeldungen sind bereits heute möglich unter: https://open.hpi.de/courses/industrie40-2016. Das HPI präsentierte auf der Potsdamer Konferenz auch einen neu entwickelten Funkstandard, der die flexible Vernetzung von Sensoren und Aktuatoren in der Produktion sicherer macht. Er soll der Wirtschaft auf der CeBIT vom 14. bis 18. März (Halle 6, D18) vorgestellt werden.
Die einzelnen Industrie 4.0-Vorträge und -Diskussionen in Arbeitsgruppen findet man auf der Video-Plattform www.tele-task.de des HPI. Getwittert wurde rund um die Veranstaltung unter dem Hashtag #i40konferenz.
Quelle: ots