AUTO BILD-Servicetest: SMS-Tippen am Steuer birgt hohe Unfallrisiken
Hamburg – Ein Auto schiebt sich in Schlangenlinien durch den dichten Berufsverkehr oder bleibt bei grüner Ampel komplett stehen – der Verdacht liegt nahe, dass der Fahrer abgelenkt ist. Die Ablenkung kann im schlimmsten Fall durch Alkoholkonsum, Drogeneinfluss oder das verbotene Schreiben einer SMS am Steuer hervorgerufen werden. Doch welcher dieser Suchtfaktoren hat eigentlich den größten ablenkenden Einfluss auf den Fahrer? AUTO BILD wollte es wissen und unterzog zwei seiner Redakteure einem kontrollierten Selbstversuch unter realen Bedingungen inklusive Aufsicht durch Wissenschaftler der Universität Salzburg. Ausgerüstet mit spezieller Elektronik wurden auf der Teststrecke auf einem abgesperrten Firmengelände bei 20 km/h die Reaktionszeiten beim Bremsen und im Kreis fahren gemessen.
Das Ergebnis, das in der aktuellen Ausgabe 19/2015 (EVT: 8. Mai 2015) veröffentlicht wird, überrascht: Mehr als ein Drittel aller Blicke sind während des SMS Schreibens länger als zwei Sekunden von der Fahrbahn abgewendet. Damit liegen die gemessenen Werte höher als die erhobenen Vergleichswerte beim Testdurchlauf unter Drogeneinfluss und Alkoholkonsum.
Mehrere Blicke fixierten sogar mehr als vier Sekunden den Bildschirm des Handys – hier kann es in der Realität schnell zu Auffahrunfällen kommen. Diese Werte entsprechen unter realen Bedingungen im Stadtverkehr einer Strecke von gut 20 Metern ohne Blick auf den Verkehr – eine Distanz, die vier bis fünf parkenden Autos Platz bietet. Insgesamt haben die Versuchspersonen das Verkehrsgeschehen 63 Prozent der Zeit nicht aufmerksam verfolgt.
AUTO BILD-Redakteur Bernd Volkens erläutert: „Unser Test hat vor allem eines klargemacht: Wer SMS tippt, reagiert noch verzögerter als im alkoholisierten Zustand oder unter Drogeneinfluss. Da überraschen die geringen Strafen, wenn man mit dem Handy in der Hand erwischt wird.“ Bestätigte Zahlen zur Gefahr von Handys am Steuer gibt es zwar nicht. Die Ergebnisse aus dem AUTO BILD-Selbstversuch decken sich allerdings mit aktuellen Schätzungen der Versicherungsbranche, die 20 Prozent der Unfälle auf das Tippen am Steuer zurückführen.
Den Redakteuren wurde während des Fahrens ein Text für die SMS diktiert und sie mussten stets die Straße und eine LED-Leuchte im Blick behalten. Im ersten Versuch ohne SMS benötigte Redakteur Volkens eine Reaktionszeit von 590 Millisekunden, im zweiten Versuch mit Ablenkung durch die Textnachricht gut eine Sekunde länger. Kollege Voswinkel brauchte gar 730 Millisekunden um zu reagieren.
Zum Vergleich: Volkens benötigte beim kontrollierten Selbstversuch unter Drogeneinfluss zwar 80 Millisekunden länger bei der Reaktionsgeschwindigkeit am Lenkrad als nüchtern, agierte allerdings deutlich schneller, als beim Text eintippen der SMS. Dennoch sind auch hier die Auswirkungen schwerwiegend und keineswegs zu verharmlosen: „Ruckartige Lenkbewegungen und die stark schwankende Geschwindigkeit zeigen, dass der Fahrer unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr eine echte Gefahr gewesen wäre“, so Volkens.
Auch bei Alkohol am Steuer sind Unfälle fast schon vorprogrammiert. Die Reaktionszeit steigt bei den Probanden um 140 auf 680 Millisekunden, die Lenkbewegungen sind stark ruckhaft und der Blick wandert immer wieder weg von der Straße.
Neben diesen Erkenntnissen über das große Gefahrenpotenzial von Alkohol und Drogen am Steuer bleibt das überraschende Ergebnis des AUTO BILD-Tests unter wissenschaftlichen Bedingungen: „Die gefährlichste Droge am Steuer ist ohne Frage das Handy“, resümiert Volkens. Wissenschaftler bestätigen zudem: Diese Ablenkungsgefahr gilt gleichermaßen für Navigationsgeräte und moderne Infotainment-Systeme in den Fahrzeugen.
Alle weiteren Ergebnisse des großen Service-Tests finden Sie in der aktuellen Ausgabe 19/2015 von AUTO BILD, die am 8. März 2015 erscheint. AUTO BILD im Internet: www.autobild.de
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Quelle: (ots)