Düsseldorf – Zum Auftakt der Hannover Messe stellt VDI-Direktor Ralph Appel eine neue Studie zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Produktionsstandort Deutschland vor. Zentrales Ergebnis: Der Einsatz von Digitalisierungstechnologien wirkt sich positiv auf die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten nach Deutschland aus und bewegt Unternehmen dazu, wieder vermehrt hierzulande zu investieren. Laut der Studie der Hochschule Karlsruhe und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, die vom VDI in Auftrag gegeben wurde, gaben 2015 etwa drei Prozent der Unternehmen an, Rückverlagerungen durchzuführen. „Drei Prozent klingt im ersten Moment nicht viel – allerdings sind dies bezogen auf das gesamte deutsche verarbeitende Gewerbe immerhin 500 bis 550 Rückverlagerungen pro Jahr“, erklärt Appel. Gleichzeitig bleiben die Verlagerungen mit ca. neun Prozent der befragten Industriebetriebe seit 2009 auf einem sehr gleichbleibenden Niveau. Deutlich gewandelt hat sich das Bild bezüglich der Herkunftsregionen von Rückverlagerungen. Die meisten Rückverlagerungen kommen nun zu 32 Prozent aus den „alten“ EU-Kernstaaten (EU 15). Dies ist ein Anstieg um immerhin 23 Prozentpunkte seit 2009.
Auch der Trend zur Rückverlagerung aus Nordamerika hat mit 16 Prozent einen Höchststand erreicht. „Politische Faktoren wie der anstehende BREXIT oder die Trump’sche Industrie- und Handelspolitik können für diese Veränderungen aufgrund des Zeitpunkts der Erhebung Ende 2015 noch nicht verantwortlich gemacht werden, möglicherweise aber veränderte Währungsrelationen aufgrund des steigenden US-Dollars“, so Appel.
„Digitalisierte“ Unternehmen kommen eher nach Deutschland zurück
In der Digitalisierung „fortgeschrittene“ Betriebe verlagern zehnmal häufiger Teile ihrer Produktion wieder an den deutschen Standort zurück als Betriebe, die in der Produktion keine Digitalisierungstechnologien nutzen. Prof. Dr. Steffen Kinkel von der Hochschule Karlsruhe und Autor der Studie sieht hierfür zwei Erklärungen: „Erstens bietet der Einsatz von Digitalisierungstechnologien eine erhöhte Flexibilität und Fähigkeit für eine individualisierte, kundenorientierte Produktion, die heutzutage immer wichtiger wird und für die Belieferung auch eine räumliche Nähe zum Kunden erfordert. Zweitens führt ihr Einsatz zu einer erhöhten Automatisierung und Produktivität des deutschen Produktionsstandorts, so dass der Lohnkostenanteil niedriger wird.“ Damit sind geringere Lohnkosten im Ausland weniger attraktiv und relevant und zusätzlich werden Skaleneffekte wichtiger. Dies begünstigt Rückverlagerungen – und damit Beschäftigung in Deutschland.
Digitalisierungstechnologien: Signifikante Steigerung der Arbeitsproduktivität
Deutlich wird dies auch, wenn man die Arbeitsproduktivität von Betrieben mit unterschiedlichen Nutzungsgraden von Digitalisierungstechnologien miteinander vergleicht: In der Digitalisierung fortgeschrittene Unternehmen weisen eine um 27 Prozent höhere Arbeitsproduktivität auf als Nichtnutzer. „Wenn alle Industrieunternehmen in Deutschland mindestens zwei oder drei Digitalisierungs-technologien einsetzen, würden wir Produktivitätssteigerungen in Höhe von etwa acht Milliarden Euro erzielen“, erklärt Appel. Eine mögliche Schlussfolgerung, dass digitale Technologien als Jobkiller wirken, lässt VDI-Direktor Appel nicht gelten: „Unternehmen, die digitale Technologien nutzen, werden wettbewerbsfähiger, sind langfristig besser aufgestellt und sorgen mit ihren modernen Produktionsstrukturen weiterhin für Arbeit und Wertschöpfung am Standort Deutschland – so müssen wir die Zahlen interpretieren.“
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